Wie können sich Fabriken autonom an laufend neue Bedingungen anpassen? Wie lässt sich Beton ressourcen- und klimaschonend herstellen? Wie schaffen wir Speicherkapazitäten für den Ausbau erneuerbarer Energien? Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt Lösungen für vielfältige Herausforderungen. Unter dem Titel „Forschen für eine nachhaltige Zukunft“ zeigt das KIT auf der Hannover Messe vom 22. bis 26. April 2024 Exponate und Präsentationen im Future Hub (Halle 2, Stand B35) sowie bei den Energy Solutions (Halle 13, Stand C76). Zudem ist das KIT am Stand von Baden-Württemberg international, an weiteren Ständen sowie im Konferenzprogramm vertreten.
„Eine nachhaltigere Industrie ist nicht nur ökologisch sinnvoll und erforderlich, sie treibt auch die Technologieentwicklung in unserem Land entscheidend voran: bei ressourcenschonenden Produktionsverfahren genauso wie bei der Energieversorgung und Automatisierung industrieller Prozesse. Forschende des KIT arbeiten disziplinenübergreifend an entsprechenden Lösungen. Wir freuen uns sehr, auch in diesem Jahr einige davon in Hannover zu zeigen“, sagt Professor Oliver Kraft, Vizepräsident Forschung, in Vertretung des Präsidenten des KIT.
„Forschung und Innovation gehen am KIT Hand in Hand. Nur in diesem engen Zusammenspiel und im Austausch mit der Wirtschaft kann uns die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Industrie gelingen. Dabei müssen wir an entscheidenden Stellen grundlegend neu denken: weg von einem bisher überwiegend linearen Wirtschaften hin zur Kreislauffabrik der Zukunft, die wir auf der Hannover Messe vorstellen“, so Professor Thomas Hirth, Vizepräsident Transfer und Internationales des KIT.
Das KIT im Future Hub (Halle 2, Stand B35)
Im Future Hub (Halle 2, Stand B35) stellen das KIT und das FZI Forschungszentrum Informatik, ein Innovationspartner des KIT, ihre Projekte an einem gemeinsamen Stand vor.
AgiProbot: Mobile lernende Roboter mit Multisensorik für ein agiles Produktionssystem
Ziel des Projekts AgiProbot ist es, dass sich Fabriken autonom an ständig neue Bedingungen anpassen können. Dabei stellt das Remanufacturing einen idealen Anwendungsfall dar: Gebrauchte Produkte werden durch Demontage, Aufarbeitung und Remontage auf den Qualitätsstandard von neuen Produkten gebracht, sodass sie sich wiederverwenden lassen. Damit trägt Remanufacturing zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft bei. Wie die Roboter in AgiProbot lernen, demonstriert das KIT anhand von zwei Aufgaben: Inspektion gebrauchter Produkte und Erfassung von Demontageprozessen. Zum Video: Smarte Roboter für agile Produktion – das Projekt AgiProbot
AgiProbot: Inspektion gebrauchter Produkte
Bei der Befundung wird bewertet, ob sich ein gebrauchtes Produkt aufarbeiten und wiederverwenden lässt. In AgiProbot wird an einer Befundungsstation das sonst von Menschen vorgenommene anfängliche Überprüfen gebrauchter Produkte automatisiert. Dazu nutzt die Station Verfahren der optischen Messtechnik wie ein robotergeführtes Kamerasystem und Methoden der Künstlichen Intelligenz. So kann die Station lernen, Zustand und Mängel selbstständig festzustellen.
AgiProbot: Erfassen und Interpretieren von Demontageprozessen
Eine eigens aufgebaute Station dient dazu, den Menschen bei einer manuellen Demontage zu beobachten. Mit der eingesetzten Sensorik lassen sich Augen- und Blickbewegung sowie menschliche Haltung, Arm- und Handbewegungen in Kombination mit benutzten Werkzeugen und Produktkomponenten sowie einzelne Objekte auf der Arbeitsmatte erfassen. Diese Daten dienen als Eingabe für das Programmieren eines Roboters durch Vormachen. Ziel ist eine automatisierte Demontage.
Net-Zero Circular Concrete: Kreislaufwirtschaft für Beton
Ein innovatives Kreislaufverfahren ermöglicht es, Beton ressourcen- und klimaschonend herzustellen. Dazu wird Altbeton aus dem Abriss von Gebäuden gebrochen und in grobe und feine Teile sortiert. Aus dem Feinanteil wird nach Zugabe von Kalkstein und bei moderaten Prozesstemperaturen ein Bindemittel hergestellt. Der Grobanteil nimmt das im Prozess entstehende Kohlenstoffdioxid (CO2) auf und wird gemeinsam mit dem Bindemittel für die Produktion von neuem Beton genutzt. Am KIT entsteht derzeit eine Pilotanlage, um das Know-how für die Herstellung größerer Mengen zu schaffen.
ANYMOS: Datensicherheit in der vernetzten Mobilität
Ob Navigationssysteme oder Ticketkäufe per Smartphone – Dienste für vernetzte Mobilität erfordern Daten. Wie lässt sich erreichen, dass die Daten so verwendet werden, dass sie ihren Zweck erfüllen, aber keine Rückschlüsse auf Individuen zulassen? Mit dieser Frage befasst sich der Kompetenzcluster „Anonymisierung für vernetzte Mobilitätssysteme“ (ANYMOS), den das KIT und das FZI Forschungszentrum Informatik, ein Innovationspartner des KIT, gemeinsam vorstellen. Die Forschenden untersuchen, welche Anforderungen an Methoden der Anonymisierung zu stellen sind und ermitteln die Umstände, unter denen aus anonymisierten Daten wieder individuelle Daten werden könnten. Daraus sollen konkrete Anwendungen entstehen, beispielsweise Ticketsysteme, die eine zurückgelegte Strecke genau abrechnen, ohne zu verraten, welche Strecke die Person gefahren ist.
Research to Business – Technologieangebote des KIT
Am Stand im Future Hub ist zudem die Technologiebörse des KIT mit 40 weiteren Angeboten vertreten. Sie zeigt Innovationen des KIT, aus denen marktfähige Produkte und Verfahren entstehen können.
Bei den Energy Solutions geht es um Energiespeicher, denen beim nachhaltigen Umbau des Energiesystems und beim Ausbau erneuerbarer Energien eine entscheidende Bedeutung zukommt. Das KIT zeigt Entwicklungen für verschiedene Anwendungen, für die Strom- und Wärmeversorgung sowie für die Industrie.
Flüssige Metalle als Wärmeträger
Mit thermischen Energiespeichern lässt sich Energie für industrielle Hochtemperaturprozesse, beispielsweise in der Chemieindustrie oder bei der Metallverarbeitung, direkt in Form von Wärme angebots- und bedarfsorientiert speichern. Flüssigmetalle ermöglichen das Speichern von Wärme in einem sehr hohen Temperaturbereich. Sie werden mit Keramikkügelchen kombiniert, die eine hohe Speicherdichte und Langzeitspeicherfähigkeit aufweisen. Eine Pilotanlage soll den Betrieb eines flüssigmetallbasierten Wärmespeichers demonstrieren.
BiFlow: Hybridspeichersystem für die Strom- und Wärmeversorgung
Die Energiewende mit dem Ausbau erneuerbarer Energien erfordert große Speicherkapazitäten. Im Projekt BiFlow entsteht ein Hybridspeichersystem, das die spezifischen Vorteile der Lithium-Ionen-Batterie und der Redox-Flow-Batterie miteinander verbindet. Überdies dienen die Elektrolyttanks der Redox-Flow-Batterie als Wärmespeicher, was den Gesamtwirkungsgrad der Anlage erhöht. So eröffnen sich neue Möglichkeiten für eine kosten- und platzeffiziente Strom-Wärme-Kopplung.
Litona: Materialien für nachhaltige Natrium-Ionen-Akkus
Das aus dem KIT ausgegründete Start-up Litona entwickelt Energiespeichermaterialien für Natrium-Ionen-Akkuzellen. Weil sie sich mit günstigen und gut verfügbaren Rohstoffen herstellen lassen, könnten natriumbasierte Akkus künftig dazu beitragen, die Kosten von Batterien zu senken sowie die Abhängigkeit Europas von Rohstoffimporten zu reduzieren. Litona befasst sich derzeit vor allem mit den Preußisch-Weiß-Analoga. Diese Speichermaterialien sind besonders für die stationäre Energiespeicherung und für Anwendungen im Automobilbereich interessant.
Sichere Wasserstoffspeicher
Wasserstoff (H2) eignet sich als sauberer, effizienter und zuverlässiger Energieträger für viele Anwendungen. Das KIT hat in der Forschung zur H2-Sicherheit mehr als 30 Jahre Erfahrung. Mit dem Wasserstoff-Versuchszentrum HYKA verfügt es über weltweit einzigartige Infrastrukturen für Experimente zu unterschiedlichen Freisetzungs- und Verbrennungsszenarien. Mit dem PET-Rohr untersuchen Forschende turbulente Verbrennungsvorgänge in Wasserstoff-Luft-Gemischen in teilumschlossenen Geometrien, wie sie bei einem undichten H2-Speicher in realen Räumen mit Türen und Fenstern zu erwarten sind. Ergänzend zu den Experimenten entwickeln die Forschenden 3-D-Simulationsprogramme, mit denen sich Sicherheitssituationen gezielt überprüfen und verbessern lassen.
Research to Business – Technologieangebote des KIT
Am Stand bei den Energy Solutions ist zudem die Technologiebörse des KIT mit 32 weiteren Angeboten vertreten. Sie zeigt Innovationen des KIT, aus denen marktfähige Produkte und Verfahren entstehen können.
Das KIT an weiteren Themenständen
Der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM) der Universität Stuttgart und des KIT gibt am Stand von Baden-Württemberg international (Halle 12, Stand D15) Einblicke in die Spitzenforschung für nachhaltige und digitalisierte Produktion und Mobilität. Die Wasserstoffwelt des ICM umfasst Exponate und Projekte aus der Prozesskette in Brennstoffzellen. Das Projekt RoboCable zeigt einen Roboter, der mithilfe Künstlicher Intelligenz Kabel und Kabelstränge automatisiert verlegt. Am Demonstrator DeVee, einem Elektro-Leichtfahrzeug, sind verschiedene Teilsysteme für ein Fahrzeugkonzept der Zukunft zu erleben.
Das Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe (CELEST) stellt sich ebenfalls am Stand von Baden-Württemberg international (Halle 12, Stand D15) vor. In CELEST, der deutschlandweit größten Plattform für elektrochemische Speicher, arbeiten das KIT, die Universität Ulm sowie das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) zusammen.
Das Projekt AppLHy!, vertreten mit einem Exponat am Stand des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Halle 2, Stand A28), befasst sich mit Design und Realisierung einer kombinierten Transportstrecke für Flüssigwasserstoff und elektrische Energie. Der Strom soll mithilfe von Hochtemperatur-Supraleitern übertragen werden.
Die KIT-Gründerschmiede präsentiert sich gemeinsam mit neun Ausgründungen aus dem KIT in der Startup Area im Network Park (Halle 2, Stand D30). Jeweils zwei Start-ups pro Messetag sind am Stand für Gespräche und pitchen zudem auf der Industrial Startup Stage. Die KIT-Gründerschmiede gehört zu den größten universitären Gründerzentren in Deutschland und versteht sich als Nährboden und Beschleuniger für innovative Geschäftsideen rund um die zentralen Zukunftsthemen unserer Zeit.
Das KIT im Konferenzprogramm
Tech Transfer Conference Stage (Halle 2, Stand B02)
Dienstag, 23. April 2024, 13:55 Uhr: Podiumsdiskussion: Welche Verantwortung trägt Forschung für eine nachhaltige Zukunft? Expertinnen und Experten aus Informationstechnologie, Mobilität und Forschungstransfer diskutieren über die Rolle und Verantwortung der Wissenschaft angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Auswirkungen auf die Gesellschaft. Im Fokus steht vor allem der sich sehr schnell entwickelnde Einsatz der Künstlichen Intelligenz. Teilnehmende sind Ada Streb, FZI Forschungszentrum Informatik, Leiterin des Hauptstadtbüros und Bereichsleiterin Innovation, Strategy and Transfer; Dr. Alexander Viehl, FZI, Bereichsleiter Intelligent Systems and Production Engineering; Dr. Sandra Kauffmann-Weiß, KIT, Geschäftsführerin InnovationsCampus Mobilität der Zukunft und Dr. Walter Tromm, Sprecher des KIT-Zentrums Energie. Die Moderation übernimmt Dr. Wolfgang Breh, Geschäftsführer des KIT-Zentrums Energie.
Dienstag, 23. April 2024, 14:50 Uhr: Vortrag: Net-Zero Circular Concrete von Dr. Peter Stemmermann, Institut für Technische Chemie des KIT
Mittwoch, 24. April 2024, 10:25 Uhr: Vortrag: SFB 1574 – Die Kreislauffabrik für das ewige Produkt von Manuel Zaremski, Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation des KIT
ENERGY 4.0 Academy (Halle 12, Stand D35/26)
Dienstag, 23. April 2024, 14:20 Uhr: Vortrag: Neues thermisches Kopplungssystem für stationäre elektrische Energiespeicher im Gebäudesektor von Dr. Christian Kupper, Elektrotechnisches Institut des KIT
Donnerstag, 25. April 2024, 10:00 Uhr: Vortrag: Methanpyrolyse als Schlüsselelement für emissionsfreie Wasserstoff- und Kohlenstoffproduktion von Prof. Dr.-Ing. Thomas Wetzel, Institut für Thermische Verfahrenstechnik des KIT
Weitere Informationen:
Forschungsmagazin lookKIT: Ressourcen. Kreislauf. Energie
Themenhighlight: Energiespeicherung: Heiß ist die Hoffnung
Mithilfe von Flüssigmetall wollen Forschende des KIT in Zukunft Wärme bei extrem hohen Temperaturen speichern
Quelle: www.kit.edu