Die Transformation der lokalen Gasverteilnetze auf grüne Gase wie Wasserstoff spielt für die Energie- und Wärmewende eine zentrale Rolle und trägt entscheidend dazu bei, die Klimaziele zu erreichen.
In Hohenwart bei Ingolstadt geht die Thüga zusammen mit ihren Projektpartnern Energie Südbayern und Energienetze Bayern voraus. In einem Pilotprojekt haben sie dort ein bestehendes Gasverteilnetz auf 100 Prozent Wasserstoff umgestellt. Seit September 2023 werden zehn private Haushalte sowie ein Gewerbekunde für zunächst 18 Monate mit grüner Wärme versorgt. Einzigartig in Deutschland!
Mit H2Direkt zeigen die Projektpartner, dass fossiles Erdgas perspektivisch durch klimaneutralen grünen Wasserstoff ersetzt werden kann. Der Vorteil: Die Umwidmung kommt mit vergleichsweise wenigen baulichen Maßnahmen aus. Alle Bauteile im bestehenden Netz und in den Heizungsräumen wurden auf H2-Tauglichkeit überprüft und von Sachverständigen bestätigt. Lediglich Therme und Gaszähler mussten getauscht werden, vor Ort wurde eine Einspeiseanlage errichtet.
„Die vergangene Heizperiode hat gezeigt, dass die Umstellung auf Wasserstoff ganz hervorragend funktioniert“, sagt Dr. Christoph Ullmer, Leiter des Kompetenzcenters Innovation bei der Thüga AG.
Für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Deutschland ist Wasserstoff unverzichtbar, meint Ullmer. Längst nicht jedes Gebäude eigne sich für eine Wärmepumpe. „Da ist es nur sinnvoll, wenn wir uns auch die Wasserstoff-Option offenhalten – zumal sich dafür das vorhandene Gasnetz nutzen lässt“, erklärt der Experte. „Wir brauchen beide Optionen, so dass wir bei der Wärmewende für jedes Gebäude die jeweils optimale Lösung wählen können.“ H2Direkt wird als Teil des Leitprojekts TransHyDE mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. TransHyDE bewertet und testet Wasserstoff-Transportlösungen.
Infrastrukturplanungen, ganzheitliche Dekarbonisierungs-Konzepte mit Fokus auf Unternehmen des Mittelstands sowie die Identifizierung von Ankerkunden gehören zu den wichtigsten Themenfeldern der Thüga im Bereich Wasserstoff. Ebenso befassen sich die Energieversorger der Thüga-Gruppe mit den Potenzialen von Wasserstoff in den Bereichen Erzeugung, Beschaffung, Verteilung und Speicherung. „Wegen der Wetterabhängigkeit der Windenergie- und Solaranlagen wird die heimische Erzeugung von Wasserstoff volatil sein. Dafür benötigen wir Speicher“, betont Ullmer.
Wasserstoffwirtschaft braucht mehr Kooperation
Um den Stadtwerken des Verbunds den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft zu erleichtern, hat die Thüga zusammen mit elf Unternehmen der Gruppe die sogenannte „Thüga H2-Plattform“ eingerichtet. Zu deren Aufgaben zählen der Wissenstransfer, die Kommunikation mit den Kommunen als Anteilseignern der Thüga-Stadtwerke sowie das Technologie-Scouting. Nicht zuletzt beraten die Thüga-Expert:innen in diesem Rahmen die Unternehmen der Gruppe zum Aufbau ganzer Wasserstoff-Ökosysteme, die neben Erzeugung und Einsatz des Energieträgers auch die Verwertung der bei der Elektrolyse anfallenden Wärme integrieren.
Kooperation ist beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland ohnehin zwingend notwendig, sagt Ullmer – unternehmens- und branchenübergreifend. „Diese Herkules-Aufgabe meistern wir nur gemeinsam. Wenn jeder wie bislang vor allem sein eigenes Ding macht, kommen wir nicht weit“, ist der Experte überzeugt. Er plädiert dafür, ein Konsortium zu schaffen, das Geld in die Hand nimmt, um das Henne-Ei-Problem bei den Investitionen in die Erzeugung und den Einsatz von Wasserstoff zu lösen. Dabei sieht er vor allem die Wirtschaft in der Pflicht: „Die Politik muss den richtigen Rahmen schaffen. Aber Handeln kann letztlich nur die Industrie!“
Blogbeitrag Thüga, Dr. Christoph Ullmer
Quelle: www.hydrogendialogue.com