Die EnergyDecentral hat sich über die Jahre zum zentralen Branchentreffpunkt für die regenerative Energiewirtschaft entwickelt. Zwischen dem 12. und 15. November werden auf dem Messegelände in Hannover wieder die Trends und Innovationen vorgestellt, um Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung in Einklang zu bringen. Dabei zeigt sich: Die Branche hat technologische Lösungen und ist bereit, deren Wirksamkeit im Wettbewerb zu beweisen. Nicht überraschend werden auch Biogas und Wasserstoff auf der EnergyDecentral eine große Rolle spielen.
Bis 2045 will Deutschland vollständig klimaneutral sein, als erste Industrienation weltweit. Marcus Vagt von der DLG Service GmbH ist überzeugt: „Die Dekarbonisierung des Energiesystems ist machbar.“ Und die CO2-Reduktion ist für ihn dabei der zentrale Baustein, der an erster Stelle steht. „Danach folgen die Substitution und, wo Emissionen sich nicht vermeiden lassen, die Kompensation“, so der Projektleiter der EnergyDecentral. Das verlangt nicht nur einen Technologiewechsel – von Gas- und Ölkessel mit fossilen Kraftstoffen zu innovativen Wärmetechnologien und bei Verbrennungsmotoren zu regenerativen Kraftstoffen und alternativen Antrieben. Denn mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien greifen auch neue Prinzipien: „Richtete sich die Stromerzeugung in der ‚fossilen‘ Welt nach dem Bedarf, so muss sich der Verbrauch künftig daran orientieren, welche Leistung die wetterabhängigen Windkraft- und Solaranlagen liefern“, erläutert Vagt.
Mit Strom dekarbonisieren
Forschungseinrichtungen, Start-ups und Technologieanbieter: Sie alle gestalten vom 12. bis 15. November auf der EnergyDecentral 2024 die Zukunft der Netto-Null-Emission. Dazu gehören der Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch, die Weiterentwicklung und umfassende Modernisierung der Kraft-Wärme-Kopplung sowie die Umstellung der Wärmenetze auf erneuerbare Energien und Abwärme. Über 250 Aussteller zeigen auf dem Messegelände in Hannover Neuheiten und Lösungen aus den Bereichen Solar, Wind, Biomasse, Grüner Wasserstoff sowie Speichertechnologien. Hinzu kommen die digitalen Technologien. Sie haben sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt und sind der Schlüssel für intelligentes Systeme, mit denen sich die Energieversorgung überwachen und steuern lässt.
Die sichtbarsten Zeichen der Dekarbonisierung sind die Anlagen für erneuerbare Energien, die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke ersetzen. Beim Umbau des Energiesystems konzentrieren sie sich nicht allein auf die Stromerzeugung. Vagt: „Zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende gehört auch, die Bereiche Wärme und Verkehr klimafreundlicher zu gestalten.“ Die Elektrifizierung des Wärme- und des Verkehrssektors – die sogenannte Sektorenkopplung – biete darüber hinaus aber noch einen weiteren großen Vorteil: „Sie macht das gesamte Energiesystem in Deutschland flexibler. Auch damit hat sie große Bedeutung für die Dekarbonisierung“, so der DLG-Experte.
Biomasse als klimaneutrale Alternative
Unter den regenerativen Energien nimmt Biomasse als der einzige ‚erneuerbare‘ Kohlenstoffträger eine Sonderstellung ein. Sie hat sich seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) als fester Bestandteil im Energiemix etabliert. Neue Biogasanlagen zeigen, welch enormes Potential für die Dekarbonisierung in der Nutzung von Biomasse noch steckt. Sie verwandeln Dung und Gülle durch einen Vergärungsprozess in Dünger und produzieren gleichzeitig Methan (Bio-LNG) in gasförmiger oder flüssiger Form. Zudem lässt sich aus Biogas auch Wasserstoff erzeugen, was eine neue Perspektive für Biogasanlagen öffnet, deren Förderung bald ausläuft. „Mit jeder weiteren Flexibilisierung einer Biogasanlage reduzieren wir den Bedarf von neuen, zentralen Gaskraftwerken“, bestätigt Marcus Vagt.
Aktuell gibt es hierzulande rund 10.000 Bestandsanlagen mit einer Gesamtleistung von rund sechs Gigawatt, die pro Jahr über 33 Terawattstunden Strom erzeugen – was etwa sechs Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland entspricht und die gleiche Menge an Wärme, die vor allem im ländlichen Raum genutzt wird. „Eine Verdopplung der aktuellen Leistung auf zwölf Gigawatt bis 2030 wäre problemlos möglich“, sagt Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas. Eine Einschätzung, die Silke Weyberg, Geschäftsführerin des Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen, teilt: „Allein in Niedersachsen könnte die aktuelle Leistung von 1,4 auf 2,8 Gigawatt bis 2030 problemlos verdoppelt werden. Das entspricht etwa der Leistung von sechs Gaskraftwerksblöcken.“ Dabei sei es nicht notwendig, mehr Biomasse einzusetzen oder mehr Fläche zu benötigen. „Stattdessen könnten zusätzliche Blockheizkraftwerke aufgestellt werden, um Strom nur dann zu produzieren, wenn weder Sonne noch Wind verfügbar sind“, so Weyberg.
Die neue Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung
All das zeigt: Der Wert der bedarfsgerechten Bereitstellung von erneuerbarer Energie auf Knopfdruck wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Um die im Zuge des Kohlausstiegs erwartete Kapazitätslücke von mindestens 15 Gigawatt zuverlässig und klimafreundlich zu schließen, braucht es deshalb flexible, dezentrale KWK-Anlagen. Sie ermöglichen eine wesentlich effizientere Nutzung der Energieträger als bei der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom. Die logische Konsequenz: Zukunftsfähige Kraft-Wärme-Kopplungen entwickeln sich vom wärmegeführten Grundlastbetrieb zu flexiblen, strommarktoptimierten Anlagen. Extern befeuerte Gasturbinen, welche in Biomasse-Blockheizkraftwerken (Biomasse-BHKW) zum Einsatz kommen, sind nur ein Beispiel dafür. Sie eröffnen ein weites Brennstoffspektrum im Leistungsbereich zwischen 40 Kilowatt und einigen Megawatt elektrisch. Ausgestattet mit intelligenten Energiemanagementsystemen und Pufferspeichern wie sie auf der EnergyDecentral gezeigt werden, ist jederzeit eine Entkopplung vom aktuellen Wärmebedarf möglich.
Technisch ist die Kraft-Wärme-Kopplung längst im Wasserstoffzeitalter angekommen, die Anlagen sind schon heute für eine Nutzung mit neuen Gasen geeignet. „Moderne Gasmotoren sind in der Lage sowohl Erdgas, Biomethan als auch Wasserstoff als Brennstoff oder Beimischungen zu nutzen. Analog zur steigenden Verfügbarkeit kann so zunehmend auf kohlenstoffarme Brennstoffe umgestellt werden“, erläutert Michael Wagner, Director Product and Solution Management bei Rolls-Royce Power Systems. Nahezu jedes heute installierte Erdgas BHKW lässt sich mit geringem Aufwand für den Betrieb mit Wasserstoff umrüsten.
Um noch mehr Alternativen für die Wärmewende zu bieten, haben die Technologieanbieter mittlerweile auch Großwärmepumpen im Portfolio und positionieren sich als Komplettanbieter für dezentrale Energieversorgungskonzepte. Christian Grotholt, Vorstandsvorsitzender des Blockheizkraftwerkshersteller 2G Energy: „Für uns gibt es einen riesengroßen Mehrwert bei der Verzahnung beider Technologien. Angefangen von Erlöspotentialen am Strommarkt über die signifikante Reduktion von CO2-Emissionen bis hin zum technischen Zusammenwirken bei unterschiedlichen Wetterlagen schaffen kombinierte System direkt einen Mehrwert für den Betreiber und die Gesellschaft.“
Grüner Wasserstoff als Hoffnungsträger
Mit der Vorstellung moderner Wasserstoff BHKW, Brennstoffzellen und Elektrolyseure der neuesten Generation liegen die Aussteller der EnergyDecentral voll im Trend der energiepolitischen Diskussion. Wasserstoff gilt als einer der wesentlichen Schlüssel für ein resilientes und klimaneutrales Energiesystem. Das Engagement des spanischen Düngemittelherstellers Fertiberia hat sich hier als Vorzeigeprojekt herauskristallisiert. Mitte Mai 2024 hat der Energiekonzern Iberdrola in Puertollano, 250 Kilometer südlich von Madrid, 16 Elektrolyseure und ein Lithium-Ionen-Batteriesystem mit einer Gesamtkapazität von 20 Megawatt in Betrieb genommen – direkt neben der Düngemittelfabrik. Seit über 60 Jahren produziert Fertiberia hier Kunstdünger, dessen wichtigster Inhaltsstoff Ammoniak ist. Um den herzustellen, kommt bislang grauer Wasserstoff zum Einsatz, der aus Erdgas gewonnen wird. Die Anlage bezieht ihren Strom für die Elektrolyseure direkt von einem 100 Megawatt großen Solarpark. Die bisher installierte Kapazität von 20 Megawatt deckt etwa zehn Prozent des Energiebedarfs von Fertiberia. Bis 2027 soll sie sich auf 40.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr mehr als verzehnfachen.
Das Beispiel zeigt: Die Wasserstoffwirtschaft nimmt Fahrt auf, und das nicht nur hierzulande, sondern international. Bis 2030 will die EU-Kommission in einem stufenweisen Ansatz Elektrolyseure mit einer Leistung von mindestens 40 Gigawatt installieren und zehn Millionen Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen. Besucher der EnergyDecentral können sich vom 12. bis 15. November ganzheitlich über das Potenzial des Energieträgers Wasserstoff informieren und erfahren, welche Technologien helfen, die Produktion von Grau auf Grün umzustellen.
Aussteller-Anmeldungen weiterhin möglich
Interessierte Unternehmen finden unter www.energy-decentral.com weitere Informationen zur Messe und die Möglichkeit zur Anmeldung. Für Fragen steht das EnergyDecentral-Team zur Verfügung: +49(0)69/ 24 788-955, energy@dlg.org
Quelle: www.dlg.org