Mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauches sollen bis zum Jahr 2030 aus erneuerbaren Energien kommen – so hat es die Bundesregierung im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 formuliert. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Ausbau der Solarenergie, großes Potenzial liegt etwa in der Überdachung von bestehenden Parkflächen mit Photovoltaikmodulen. Laut Harald Baumeister, Mitbegründer und Geschäftsführer des Solar-Carport-Anbieters Sopago, könnten flächendeckende Förderangebote der Länder den Ausbau der Solarenergie massiv beschleunigen. Doch außerhalb von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sucht man diese vergebens.
Im zweiten Quartal 2023 wurde in Deutschland bereits mehr Strom durch erneuerbare Energien erzeugt als durch fossile Energieträger. Vor allem der Ausbau der Solarenergie, die mit 66 Gigawatt Leistung gemeinsam mit der Windenergie den Großteil der hierzulande erzeugten erneuerbaren Energie ausmacht, schreitet in großen Schritten voran: Im ersten Halbjahr 2023 sind bereits 481.650 neue Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 6,27 Gigawatt ans Netz gegangen.
Photovoltaik-Pionier Nordrhein-Westfalen
Betrachtet man dabei den Zuwachs an Solarenergie in den einzelnen Flächenländern, ragt Nordrhein-Westfalen heraus: Seit Jahresanfang werden hier 28,52 Kilowatt grüner Strom pro Quadratkilometer mehr erzeugt. Ein Wert, den nur das kleine Saarland übertrifft. „Zusammen mit Baden-Württemberg nimmt NRW seit jeher eine Vorreiterrolle in Deutschland ein, was den konsequenten Ausbau der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien im Allgemeinen und Photovoltaik im Speziellen angeht“, so Solarexperte Harald Baumeister.
Schon bei der Solar-Carport-Pflicht für neue Parkflächen ab einer bestimmten Größe gingen die beiden Bundesländer voran, eine solche existiert dort bereits seit Mitte 2021 bzw. Anfang 2022. Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein zogen im Januar 2023 nach, in den übrigen Ländern lässt eine entsprechende Regelung weiter auf sich warten.
Großes Potenzial integrierter Photovoltaik bei bestehenden Parkflächen
Eine PV-Pflicht für bestehende Parkflächen – wie sie in Frankreich stufenweise eingeführt wird – existiert hierzulande nicht. Dabei liegt gerade in der integrierten Photovoltaik großes Potenzial, weiß Harald Baumeister: „Experten des Fraunhofer-Instituts haben berechnet, dass durch die Überdachung bereits bestehender Parkflächen mit PV-Modulen ein Leistungszuwachs von 59 Gigawatt erreicht werden kann. Schließt man auch andere bestehende Verkehrswege – etwa Fahr- oder Gleisbahnen – mit ein, sind sogar 300 Gigawatt und mehr möglich.“
Der große Vorteil: „Durch die Integration von Solarmodulen in Verkehrswegen kommt es zu einer doppelten Flächennutzung. Es werden hier Flächen überbaut, die bereits versiegelt sind, eine Erschließung neuer Bereiche für PV-Anlagen ist dadurch nicht notwendig“, so der Solarexperte von Sopago. „Um das Ziel ‚klimaneutrale Energieerzeugung‘ schnellstmöglich zu erreichen, müssen wir sämtliche Möglichkeiten nutzen – und dort beginnen, wo das Potenzial so gewaltig ist wie bei der Überdachung von Parkplätzen und anderen Verkehrswegen.“
Flächendeckende Fördermaßnahmen als Treiber der Dekarbonisierung
Um die flächendeckende Dekarbonisierung der Energiegewinnung voranzutreiben, fordern Experten wie Baumeister umfangreiche Fördermaßnahmen seitens des Bundes und der Länder. Aktuell bietet nur Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Programms progres.nrw eine Förderung von PV-Carports für bestehende Parkflächen an. Auch Baden-Württemberg hatte bis Mai 2023 ein umfangreiches Förderprogramm für PV-Parkplätze. „Wir merken, dass diese Fördermaßnahme angenommen wird und für viele Unternehmen eine extra Motivation bietet, ihre Parkplätze mit Solarmodulen zu überdachen. In NRW erhält man aktuell für den Bau von PV-Carports auf bestehenden Parkplätzen (ab 10 Stellplätze) eine Förderung von 500 Euro pro Kilowattpeak (kWp) bis zu einer maximalen Fördergrenze von 50.000 Euro. Die Anfragen aus NRW sind seit Beginn der Förderung jedenfalls um ganze 150 Prozent gestiegen.“ Eine flächendeckende Unterstützung auf Bundesebene existiert nicht, einzelne kommunale Fördertöpfe sind erfahrungsgemäß schnell leer. Baumeister sieht neben dem Bund auch die Länder in der Verantwortung: „Hier benötigen wir dringend mehr Anreize in Form von Zuschüssen. Denn solche Angebote können bei der Entscheidung für oder gegen integrierte Photovoltaik bei bestehenden Parkflächen das Zünglein an der Waage sein“, fordert der Solarexperte von Sopago.
Quelle: www.sopago.org